Private Krankenversicherung im Ausland: Plan B?

In unserem letzten Beitrag haben wir über die Langzeit-Auslandskrankenversicherung geschrieben und einige Grundfragen dazu beantwortet. Auf Twitter erreichte uns ein Kommentar, dass dem Kommentator seine private Krankenversicherung im Ausland ausreicht und er keinen zusätzlichen Versicherungsschutz benötigt. 

In unserem heutigen Artikel wollen wir uns daher dem Thema “private Krankenversicherung im Ausland” widmen. Wir haben dazu unseren befreundeten Versicherungsexperten Christian Deckarm befragt. 

1. Christian, neulich haben wir gehört, dass jemand, der länger im Ausland ist und bei seiner gesetzlichen Krankenkasse pausiert, trotzdem einen Grundbeitrag im Rahmen einer sogenannten Anwartschaft weiterzahlen muss. Stimmt das?

Bei der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es keine Anwartschaft bzw. ist das nicht nötig, da die gesetzliche Krankenkasse einen wieder aufnehmen muss. Stichwort ist hier die Versicherungspflicht in Deutschland. Eine Anwartschaft gibt es nur bei privat Versicherten. Wenn ich mich dazu entscheide, meine private Krankenversicherung für den Auslandsaufenthalt zu kündigen, sollte ich eine Anwartschaft abschließen, um mindestens meinen Gesundheitszustand (kleine Anwartschaft) zu sichern und evtl. auch mein Eintrittsalter (große Anwartschaft). So komme ich wieder in die PKV zurück, wenn ich wieder nach Deutschland zurückkehre, selbst wenn sich mein Gesundheitszustand verschlechtert haben sollte.

2. Wie sieht es bei Privatversicherten aus? Haben diese automatisch eine private Krankenversicherung im Ausland, auch für längere Zeiträume von zum Beispiel sechs Monaten?

Gute Frage. Grundsätzlich besteht in allen mir bekannten Tarifen mindestens für einen Monat ein weltweiter Versicherungsschutz, oft aber auch für drei oder mehr Monate. Dazu sollte jeder in die Bedingungen seines Tarifs schauen, denn das kann tarifindividuell geregelt sein. Nochmal etwas anderes ist es, wenn ich umziehe. Dann habe ich innerhalb des EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) Versicherungsschutz, während mein Vertrag normalerweise endet, wenn ich in ein Land außerhalb des EWR ziehe. Hier sollte immer Rücksprache mit dem Versicherer gehalten werden. Oft kann ein Tarif mit einer Zusatzklausel “aufgebohrt” werden, was den Zeitraum des Auslandsaufenthalts angeht. 

Wer möchte schon Schiffsbruch auf Reisen erleiden - lieber vorsorgen durch private Krankenversicherung im Ausland!

3. Wenn jemand überlegt, Teilzeitauswanderer zu werden: Könnte eine private Krankenversicherung eine interessante Option sein? Oder ist es günstiger, die Anwartschaft bei der Krankenkasse zu bezahlen und zusätzlich eine Langzeit-Auslandskrankenversicherung abzuschließen?

Zum einen gibt es die Hürde als Angestellter, dass ich erst ab der “Jahresarbeitsentgeltgrenze” mich überhaupt privat versichern kann. Bei Selbstständigen sieht das anders aus. Zum anderen sollte die Entscheidung, sich privat zu versichern, nicht aus der Hauptmotivation des Geld sparens heraus getroffen werden. Das ist zumindest meine subjektive Meinung dazu. Die Frage muss mit einem Fachmann geklärt werden, da noch weitere Faktoren eine Rolle spielen (Kinder, Vorerkrankungen, etc.) bzgl. der Höhe des Beitrags. Ich muss also sowohl Beitrag als auch Leistung der privaten Krankenkasse mit dem Beitrag und der Leistung der Auslandskrankenversicherung vergleichen.

4. Gibt es Versicherer, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben bzw. einen guten Ruf in diesem Bereich haben?

Da jede Versicherung, die private Krankenvollversicherungen anbietet, auf den Bereich Krankenversicherung spezialisiert ist, sieht das alles erstmal sehr ähnlich aus. Natürlich gibt es gute und schlechte Tarife bei den Bedingungen und auch günstige und teure Anbieter. Aber auch das lässt sich so pauschal nicht sagen. Je nach Leistungsumfang, Eintrittsalter und Selbstbeteiligung kann mal die eine und mal die andere Gesellschaft besser/günstiger sein. Ich werde hier jetzt auch nicht für ein paar wenige Gesellschaften werben 😉 Finger weg würde ich aus Erfahrung immer bei “Einsteigertarifen” sagen. Also diese Lockangebote bei denen der monatliche Beitrag in der Werbung teilweise unter 100€ liegt. Diese Tarife leisten oft nicht mehr als die GKV, haben eine sehr hohe Selbstbeteiligung und die Beitragssteigerungen sind vorprogrammiert. Dann lieber erstmal eine Anwartschaft für den Tarif, den man sich herausgesucht hat und später Wechseln, wenn die PKV finanziell möglich ist bzw. sich lohnt.

5. Welche Nachteile könnte es eventuell im Alter haben, sich für eine private Krankenversicherung zu entscheiden?

Ab 55 komme ich aus einer privaten Krankenvollversicherung normalerweise nicht mehr raus. Und selbst wenn ich rauskomme und in der 2. Hälfte meines Arbeitslebens 9/10 der Zeit privat versichert war, hilft mir das in der Rente nicht, da ich dann nicht in die Krankenversicherung der Rentner komme. Klingt kompliziert, ist es aber nicht 😉. Anders gesagt, wer sich für die PKV entscheidet, sollte dies als Lebensentscheidung betrachten. Jeder sollte die vermeintliche Beitragsersparnis im Erwerbsleben mindestens zur Hälfte reinvestieren, um die höheren Beiträge im Alter zu finanzieren und die sogenannten “Altersentlastungstarife” die ein PKV-Tarif ermöglicht, sollten ebenfalls genutzt werden. Sonst kann es im Alter bitter werden, wenn die Altersvorsorge nicht ausreicht, um die Lebenshaltung und die Krankenversicherung zu finanzieren.


Wenn ihr euch für das Thema Langzeit Auslandskrankenversicherung allgemein interessiert, lest gerne den verlinkten Artikel.

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