Mit diesem Interview startet unsere Reihe „Auswandern nach…“. Christine und Markus sind 2011 aus Franken nach Neuseeland ausgewandert. Nach vier Jahren in der größten Stadt Auckland leben sie mittlerweile im sonnigen Gisborne am East Cape.
Ihre beiden Kinder sind in Neuseeland geboren und wachsen als „Kiwis“ auf. Für die beiden Auswanderer war Neuseeland Liebe auf den ersten Blick – Neuseeland ist für sie das perfekte Fleckchen Erde.
Auswandern nach Neuseeland ist für viele Deutsche ein Traum. Christine zeigt in diesem Interview, dass es nicht ganz einfach ist, in Neuseeland eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Dafür sind die Sozialabgaben wesentlich geringer als in Deutschland und die Menschen vor Ort begeistern die beiden Auswanderer mit ihrer lässigen Lebenseinstellung.
1. Was hat dich/euch bewogen, von Deutschland nach Neuseeland auszuwandern?
Wir sind schon immer viel gereist und hatten vor der Auswanderung sechs Monate in Neuseeland verbracht und auch gearbeitet (Praktikum).
Weil wir die Chance hatten das Leben in anderen Ländern kennenzulernen, fühlte sich Deutschland mit seinen “gesellschaftlichen Schablonen wie man zu leben hat” für uns irgendwie zu eng und zu langweilig an. Wenn man in Deutschland nicht ins System passt und das macht, was alle machen, dann geht man total unter.
In Neuseeland heißt es leben und leben lassen. Hier kommen viele verschiedene Kulturen zusammen, jeder lebt nach seinen Vorstellungen, aber es gibt trotzdem ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Wir hatten von Anfang an das Gefühl, hier unser Zuhause gefunden zu haben.
2. Welche bürokratischen Hürden hattest Du zu überwinden?
Ein Arbeitsvisum bzw eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Neuseeland zu erhalten ist relativ schwierig. Man braucht eine in Neuseeland anerkannte Ausbildung/Studium + Arbeitserfahrung in diesem Beruf. Außerdem muss man einen unterschriebenen Arbeitsvertrag (eine Anstellung) vorweisen und der Arbeitgeber muss meist auch noch nachweisen, dass es ihm nicht möglich war die Stelle mit einem Einheimischen zu besetzen. Ich hatte Glück, weil ich damals als Motion Graphics Designer auf der Liste der “gesuchten Berufe” stand und damit war der Visaantrag etwas einfacher. Mein Mann konnte dann über ein Partnervisa mit einwandern.
3. Welche emotionalen Hürden hattest Du zu überwinden?
Natürlich sind die Familie und Freunde in Deutschland sehr weit weg. Man muss sich im Klaren sein, dass Neuseeland genau am anderen Ende der Welt liegt und man nicht mal eben schnell Freunde oder die Familie in Deutschland besuchen kann. 26 Stunden Flug und 12 Stunden Zeitverschiebung sind eine gewisse Hürde.
Aber dank Skype und Whatsapp fühlt sich Neuseeland heute gar nicht mehr so weit weg an.
4. Wie hat sich deine berufliche Situation verändert?
In Deutschland gehörte ich als Berufseinsteiger in der Medienbranche zur Generation Praktikum, bekam immer nur befristete Verträge und war unterbezahlt.
In Neuseeland habe ich sehr gut Fuss gefasst und konnte mich beruflich relativ schnell weiterentwickeln. Außerdem war es für mich hier sehr viel attraktiver selbständig zu arbeiten, weil man keinerlei Beträge zur Krankenversicherung bezahlen muss. Die Krankenversicherung und auch die Renten werden aus Steuermitteln finanziert und sind beitragsfrei.
Ich wohne hier in einer sehr kleinen Stadt und arbeite schon seit 2015 100% im Homeoffice für Firmen, die in größeren Städten oder auch im Ausland sind.
5. Wie fühlt sich der Alltag in Neuseeland im Vergleich zum Alltag in Deutschland an?
Das ist natürlich total subjektiv. Ich persönlich finde die Menschen in Neuseeland sind sehr viel warmherziger und hilfsbereiter als in Deutschland. Das liegt auch daran, dass 25% der Menschen, die in Neuseeland leben selbst hierher ausgewandert sind. Wenn man in einem fremden Land bei Null anfängt ist man einfach auf die Hilfe anderer angewiesen. Deshalb hilft man sich hier gegenseitig.
In Neuseeland läuft vieles etwas gemächlicher und ruhiger. Die Dinge sind nicht so optimiert und perfektioniert wie in Deutschland. Das hat Vor- und Nachteile.
Die Neuseeländer sind sehr unkompliziert und bodenständig: Hier kann man im Schlafanzug in den Supermarkt gehen und es interessiert niemanden.
Christine von Kiwifinch
6. Welche Schattenseiten hat das Auswandern nach Neuseeland?
Natürlich hat auch Neuseeland seine Probleme: Geringverdiener haben es sehr schwer, die Preise für Wohnraum sind exorbitant hoch und auch Lebensmittel sind relativ teuer. Neuseeland ist sicher kein billiges Land.
Aber das Land ist mit fünf Millionen Einwohnern relativ klein. Das bedeutet Probleme lassen sich wahrscheinlich etwas einfach lösen als bei einem riesigen Land wie Deutschland.
Ich finde Neuseeland entwickelt sich in die richtige Richtung und es ändert sich vieles zum Besseren.
7. Welchen Tipp würdest Du Menschen geben, die über eine Auswanderung nachdenken?
Ich denke das Wichtigste ist, sich das Land genau anzuschauen und die Bereitschaft zu haben, sich anzupassen.
Ein Land das super zum Urlaub machen ist, kann furchtbar sein, wenn man dort dauerhaft leben muss. Als Auswanderer hat man eine ganz andere Perspektive auf ein Land als ein Tourist.
Ich erlebe immer wieder, dass deutsche Einwanderer im neuen Land ihr “deutsches Ding” weitermachen wollen. Hier in Neuseeland will niemand hören: “Das machen wir in Deutschland aber anders”.
Auswandern bedeutet, man muss sich auf eine andere Art zu leben einlassen und mit dem Flow gehen. Sonst wird man immer anecken und sich als Fremdkörper fühlen.
Christine von Kiwifinch
Auswandern nach Neuseeland steht auf deiner Bucketlist? Auf dem Kiwifinch-Blog findest Du viele Informationen über das Auswandern nach Neuseeland und Erfahrungsberichte von deutschen Auswandern.