Leben im Camper: von Den Haag in die Welt

Leben im Wohnmobil oder Camper ist ein Trend, der in den letzten Jahren immer mehr Anhänger gefunden hat. So auch Franzi und John. Ohne lange zu planen, haben sie im Juni 2022 ihre Jobs gekündigt, einen Van gekauft und sechs Wochen später sind sie losgefahren.

Wetten, Du errätst nicht, in welchem europäischen Land Franzi und John am günstigsten mit dem Camper unterwegs waren. Also unbedingt zu Ende lesen!

Frei sein für das Leben im Wohnmobil

Franzi kommt aus Leipzig, ist vor 11 Jahren in die Niederlande ausgewandert. In Den Haag lebt die 42-jährige mit dem gleichaltrigen Niederländer John und Straßenhund Ozzy aus Rumänien. Franzi hatte intensive Corona-Jahre im Event-Management und Marketing hinter sich. Für sie war das Maß voll, sie brauchte eine Pause und wollte ausbrechen aus festgefahrenen Routinen. John war als Teamleiter im sozialen Bereich gerade dabei, die Karriereleiter hoch zu klettern. Für den gemeinsamen Traum war er bereit, seine Karriere auf Eis zu legen.

Leben im Wohnmobil - Franzi und John haben ihren Traum wahr gemacht.

Warum im Camper und nicht Backpacking?

Mit dem Rucksack durch Südostasien, das war der große Traum. Reisen ohne ihren Hund Ozzy war allerdings keine Option. Es blieb also nur das Auto. Im Nachhinein Schicksal, sagen beide heute, denn so viel Schönheit direkt vor der Haustür in und um Europa haben sie nicht erwartet.

Leben im Wohnmobil oder doch eine Low-Budget-Option? Zu dritt im Caddy mit Dachzelt wäre auf Dauer etwas eng geworden. Schliesslich haben sie einen Van gekauft. Der war bereits ausgebaut, da die beiden nach eigenen Angaben handwerklich nicht begabt sind.

Reisen im Van: Spontan oder lieber mit Plan?

Viel Zeit für Planung war nicht. Bei Abfahrt stand nur fest, dass sie in Skandinavien starten und die App Park4Night nutzen wollen. Dann gab es noch eine Wunschliste, da standen die Balkanländer und Griechenland drauf.

Mehr wollten Franzi und John nicht planen, um frei für spontane Entschlüsse und Tipps zu sein. Oft haben sie sogar in letzter Sekunde einen anderen Abzweig in Richtung anderes Land genommen. Das Wetter spielt auch eine Rolle. Anfänglich waren nur etwa sechs Monate geplant, aber wer will schon im Dezember zurück in die Realität?

Ganz spontan die Fahrtrichtung wechseln oder einfach drauf losfahren – das ist absolute Freiheit. Manchmal möchte man nach ein paar Tausend Kilometern aber auch wissen, wo man Halt machen kann. Und nicht überall in Europa ist das Wildcampen erlaubt.

Aus den Niederlanden sind die drei innerhalb von sechs Wochen einfach mit dem Van losgefahren.


1. Was hat euch dazu bewogen, eure guten Jobs zu kündigen, um im Wohnmobil zu leben und durch Europa zu reisen? 

Eines Tages war es einfach so weit, einen lang ersehnten Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Viele ältere Leute, die wir unterwegs getroffen haben, meinten: „Ihr seid doch noch viel zu jung für eine Auszeit!“ Im Nachhinein hätten wir den Schritt zu einem Sabbatical schon viel eher wagen müssen. Gefangen im Alltag, mit Existenzängsten und Ansprüchen ist es gefühlt einfach nie der richtige Zeitpunkt, auszusteigen.

2. Ist ein Leben im Camper teuer? Was kosten Übernachtungen in den verschiedenen europäischen Ländern, die ihr bereist habt? Wo und wie kann man am günstigsten leben? 

Wie teuer das Leben unterwegs ist, kann im Prinzip jeder selbst beeinflussen. Die Übernachtungskosten variieren sehr, abhängig von der Saison, der Region oder der Qualität, die man wünscht. Mit Wildcampen kann man sehr viel Geld sparen. Wir haben total unerwartet in Skandinavien das wenigste Geld ausgegeben und hatten dort grösstenteils nur Sprit- und Lebensmittelkosten (mitgebrachter Alkohol nicht inbegriffen😉). In Balkanländern wie Bosnien oder Albanien sind Lebensmittel und Campingplätze billiger. Dadurch haben wir uns dort öfter Übernachtungen und Essen gehen gegönnt. Günstige und empfehlenswerte Alternativen für teure Campingplätze in der Saison sind Bauernhöfe, sog. Ecofarms oder Weingüter. In Frankreich und Ungarn wird dies oft kostenlos im Tausch mit dem Kauf von lokalen Produkten angeboten. In Portugal und Spanien konnten wir für eine kleine Spende auf Privatland stehen. Eine tolle Gelegenheit, Einheimische mit lokalen Tipps kennenzulernen und zu unterstützen.

3. In welchen europäischen Ländern kann man Wildcampen und wie lange kann man das realistischerweise machen? Braucht man irgendwann einen Campingplatz? 

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Wildcampen im Prinzip überall gelingt, wenn man rücksichtsvoll und unauffällig ist. Vor allem touristische Küstenregionen sollte man in der Hochsaison meiden. In Skandinavien ist das Wildcampen mit kleinen Einschränkungen gesetzlich erlaubt und die Voraussetzungen für Camper sind perfekt. Noch dazu ist es so weitläufig, dass wir uns auch in der Hochsaison allein fühlten. Griechenland war ebenfalls unser Vanlife-Eldorado.
Wenn der Camper mit Dusche und Solarpanel etc. gut ausgestattet ist, muss man im Prinzip nur ab und zu Stops zum Wäschewaschen, Wasserfüllen und Abwasserleeren einlegen. In Skandinavien haben wir im Sommer in acht Wochen nur einen bezahlten Campingplatz genutzt, da es überall Seen und gratis Wasserstellen gibt.

4. Wie ist das Miteinander unter Vanlifern? Kommt man gut in Kontakt? 

Abhängig von der Saison oder dem Land trafen wir manchmal so viele Vanlifer, dass wir nach einer Weile mal wieder unsere Ruhe haben wollten. In anderen Ländern hat man sich teilweise nach einer neuen Begegnung gesehnt. Wenn man dafür offen ist, ist es einfach und vor allem eine grosse Bereicherung, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen. Tipps austauschen, unter’m Sternenhimmel lokalen Schnaps verkosten, gemeinsam abwaschen. Freunde für’s Leben!

5. Ist das Leben im Camper so romantisch, wie es auf Instagram aussieht? What’s the Good, the Bad and the Ugly, wenn es um das Leben im Camper geht? 

Neben der oft gepriesenen ultimativen Freiheit sind für uns die täglichen Begegnungen mit das Wertvollste am Vanlife. Spontan zu jemandem nach Hause eingeladen werden, einen geangelten Fisch oder geerntetes Obst geschenkt bekommen, eine Konversation mit Händen, Füssen und viel Herz in einer fremden Sprache. Unsere Regel: „Schlag niemals eine Einladung aus“ hat uns ganz besondere Momente beschert.
Aber das Leben im Camper und Schlafen in der „Wildnis“ bedeutet auch, dass man nicht immer weiss, wo bzw. wie man wach wird. Wir wurden schon durch eine Helikopterlandung, Crosscountry-Rennstrecke, Rasenmähertruppe, einen Mäusebiss und natürlich unzählige Kuh- und Ziegenherden geweckt.

Leben im Van, ein Abenteuer, bei dem man sich und seine Reisebegleiter auf engstem Raum mit allen Höhen und Tiefen sehr gut kennenlernt.

Franzi & John

6. Wie hat das Vanlife euch verändert? Könntet ihr jetzt wieder problemlos in eure alte 9-5-Welt zurückkehren bzw. wie geht die Reise weiter?

Wir haben so viel gelernt auf dieser Reise und hoffen, dass wir uns das nach unserer Rückkehr in den Alltag, in zwei Monaten, so lang wie möglich bewahren können. Das Innehalten und Bewusstsein, dass man für das wahre Glück eigentlich ganz wenig braucht und alles Materielle unwichtig wird. Von anderen Kulturen wieder mehr Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe und das Miteinander lernen. Auf den natürlichen Kreislauf der Natur hören, ohne den Anspruch alles zu jeder Zeit dauerhaft und günstig zur Verfügung zu haben. Der Weg zurück in die „Realität“ wird schwer und den Morgenkaffee in der Natur und das Einschlafen unter’m Sternenhimmel werden wir jeden Tag schmerzlich vermissen. Pures kleines Glück!

Irgendwann werden wir nochmal aufbrechen, denn wir haben gesehen, wie einfach es ist, loszuziehen. Soviel steht fest!

Franzi & John

Leben im Wohnmobil: Kaufen oder mieten?

Für einen Perpetual Traveler, der dauerhaft unterwegs ist und im Wohnmobil lebt, ist es sicher sinnvoll, das Wohnmobil zu kaufen. Wer langfristig im Camper reist, möchte sein „Zuhause auf Rollen“ vielleicht auch nach seinen eigenen Vorstellungen um- und ausbauen.

Wir als Teilzeitauswanderer sind große Fans vom Ausprobieren, bevor man sich festlegt. Deshalb würden wir erstmal mieten, um das Leben im Wohnmobil zu testen.

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